Heimatbesuch - Das fünfte Mal

 

27. Juli bis zum 02. August 2006

Erlebnisse eines 93-jährigen Heimatvertrieben während seines 5. Besuches seiner ach so geliebten Heimat, 60 Jahre nach der Vertreibung.

Seine Erlebnisse wurden von seinem Enkel Bernd Stadelmaier aufgeschrieben.

 

Rückblick ins Jahr 2001

Eigentlich hatte ich mit 88 Jahren mit meinem Leben schon abgeschlossen. Ich lag nur noch in meinem Bett und wollte von der Welt um mich herum nichts mehr wissen. All meine Gedanken verweilten in der Vergangenheit, obwohl früher nicht alles gut und rosig war. Das Leben war eher hart und einfach. Weil mein Vater früh starb, musste ich unsere Familie durchbringen und die Schulden tilgen. Dann kam der Krieg: 2 Verwundungen an der Front, gelähmter Arm, Hochzeit kurz vor Kriegsende, Gefangenschaft, Flucht, Verstecken, Geburt meiner 1. Tochter und Vertreibung.

Wie oft hatte ich mir vorgenommen noch einmal in die alte Heimat zu fahren. Ich hatte mir am Bahnhof schon die Verbindungen heraussuchen lassen - aber gefahren bin ich nie. Nach meinem 2. Arbeitsunfall wurde ich Rentner. Mein Wunsch bestand noch immer. Meine liebe Frau Sophie sagte immer zu mir: "... was willst Du zu Hause? Sie haben uns alles genommen und es ist eh alles kaputt! ..." - Sie hatte ja recht. Meine Träume konnte mir jedoch keiner verbieten. Ich baute immer mehr körperlich ab. Am Tag des 80. Geburtstag meiner Frau klappte ich zusammen. Seitdem konnte nicht mehr gehen und aufstehen. Ich lag nur noch teilnahmslos in meinem Bett und starrte die grün gemusterten Wände, die weiße Decke und die roten Vorhänge an. Was sollte ich noch auf dieser Welt?!?

Dieser Zustand änderte sich jedoch schlagartig, als mein Enkel Bernd (er wuchs eigentlich bei uns auf. Er verbrachte mehr Zeit bei uns als zu Hause. Meine Frau sagte immer: "Bernd ist unser 4. Kind") mir zu meinem 88. Geburtstag ein ganz besonderes Geschenk machte: "Opa, wir zwei fahren nach Hause! - Das verspreche ich Dir!"

Ich konnte es zuerst gar nicht glauben. Jeder versuchte meinen Enkel von diesem Vorhaben abzubringen. Sie meinten, dass diese Reise für mich zu anstrengend sein würde und dass ich die Strapazen nicht überstehen würde. Doch dann sahen sie ein, dass sie meinen Enkel nicht von dem Vorhaben abbringen konnten. Sie gaben ihm sogar Tipps, was er tun sollte, wenn ich in der Heimat sterben sollte, um meinen Leichnam wieder zurück nach Deutschland bringen zu können. Meine Tochter Sophie, sie war in Groß-Dittersdorf geboren, erklärte sich bereit, mit ihrem Sohn und mir die Reise anzutreten.

An diesem besagten 88. Geburtstag bekam ich ein neues Leben geschenkt. Es gab so viel zu erledigen und zu tun. Ich hatte keinen Ausweis mehr, keine Schuhe (auf Grund meiner Arbeitsunfälle brauchte ich speziell angefertigte Schuhe) und keine ordentlichen ("gscheite") Kleider mehr.
Ach ja, ich musste ja wieder lernen zu gehen. Wir übten fast jeden Tag. Erst zu stehen, dann um den Wohnzimmertisch zu gehen, in die Küche, in Omas Stube. Einmal sagte ich sogar meinem Enkel, komm wir versuchen, ob ich die Treppe noch gehen kann. Wir bestellten neue Kleider für mich, machten Passbilder, holten den Personalausweis ab, usw.
Ich erzählte meinem Enkel viel von zu Hause. Dinge, welche ich viele viele Jahre für mich behalten hatte. Ich wollte unbedingt diese Reise machen. Mein Enkel schenkte mir sogar ein Wörterbuch - ja - ich begann sogar einige tschechische Wörter zu lernen.
Ich sehnte den Tag der Abreise herbei.
Die Spannung erhöhte sich täglich. Mein Enkel Bernd fand über den Ortsbetreuer Thomas Köpnick sogar ein behinderten gerechtes Hotel in Sternberg. Er nahm Kontakt zu verschiedenen Ortsbetreuern und Herrn Valovic (ehem. Bürgermeister und Kommandeur vom Sperrgebiet) und suchte viele Informationen im Internet.

Was ich dann alles erlebte, können Sie auf der Unterseite "Gestern & Heute"; Link "1. Heimatbesuch" , bzw. "Unser Leben" nachlesen.

Der Grund, warum ich so lange ausgeholt hatte, war der 02.10.2001.

An diesem Tag kehrten wir in die einzigste Gastwirtschaft von Stadt-Liebau ein. Bei einem Glas Bier - zum Wohle von Thomas Köpnick - versprach ich in die Videokamera von meinem Enkel: "... in 5 Jahren komme ich wieder hierher, wenn Gott es will! ...". Nicht genug: ich buchte sogar schon im Sternberger Hof 2 Zimmer für diese Reise. Jeder glaubte, es wäre ein Spaß von mir und ich hätte dies einfach nur so dahin gesagt, aber ich dachte bei mir: "Ihr werdet schon sehen!"

Dies war vor 5 Jahren. In der Zwischenzeit war ich 3 weitere Male zu Hause (diese Reiseberichte können Sie auf dieser Homepage nachlesen).

Mit jedem Jahr und jeder Reise wurde ich schwächer. Zuletzt konnte ich weder gehen noch stehen. Ich war immer auf die Hilfe von meinem Schwiegersohn Walter und meiner Tochter Sofie angewiesen.

Jeder hatte schon nach meiner 4. Reise gesagt, dass diese meine letzte gewesen wäre. Sie hatten sich jedoch getäuscht. Ich hatte es doch versprochen - "in 5 Jahren komme ich wieder hier her!" Mein Enkel Bernd versprach mir: "Opa; wir fahren dieses Jahr wieder zum Anna-Fest nach Hause!"
Leider ging dieses Mal am Anfang nicht alles so gut, wie die Jahre zuvor. Alle Hotels in Sternberg waren ausgebucht. Über die Freundin von Frau Elfriede Schmidt (Ortsbetreuerin aus Bärn) fanden wir ein Zimmer im Deutschen Haus in Bärn. Leider hatte das Hotel keinen Aufzug und keine behinderten gerechten Zimmer. "Opa, das macht nichts, wenn die Treppe breit ist, kommen wir mit dem Rollstuhl auch so hinauf", meinte mein Enkel.

Die Tage bis zum Anna-Fest vergingen viel zu langsam. Ich dachte schon: "Sie haben mich angeleigert (angelogen) und wir fahren dieses Jahr überhaupt nicht nach Hause". Doch als ich sah, dass sie meinen Koffer von der Bühne holten und diesen packten, wusste ich: wir fahren wieder! Mutter Anna - wir kommen zu Dir!

 

Reisebericht

Donnerstag, 27. Juli 2006
Mitten in der Nacht weckten mich meine Tochter und mein Schwiegersohn. Ich wurde frisch gemacht, angezogen und in meinen Rollstuhl gesetzt. Jetzt hieß es warten, bis mein Enkel um 1 Uhr in der Früh kam. Wie die Jahre zuvor borgte mein Enkel den grünen VW Sharan von einem Freund. Dieser war groß, hatte einen drehbaren Vordersitz (dies war sehr wichtig, damit ich in das Auto gehoben werden konnte) und ich saß hoch, damit ich unterwegs gut nach draußen sehen konnte. Dieses Jahr durften mein Urenkel Christian und meine Urenkelin Julia mitfahren. Sie wurden extra für diese Reise eine Woche lang vom Unterricht befreit. Die Reise führte uns über Aalen, die A7, A6 bis zum Grenzübergang Waidhaus, Pilsen, Prag, Brünn, Olmütz, Sternberg nach Bärn. Nach 8,5 Stunden und 780 km kamen wir völlig erschöpft in Bärn an. Unterwegs hatten wir nur eine kurze Pause gemacht. Die Straßen waren leer und kein Unfall oder Stau verzögerte unsere Fahrt. Nach dem Ausladen des Autos legten wir uns erst einmal 2 Stunden aufs Ohr. Ich durfte - dank meines Alters - etwas länger schlafen, während meine Mitreisenden etwas zum Essen und zum Trinken kauften. Nach dem Einkauf besuchten sie Frau Erika Zifcakova, geb. Kral (Freundin von Frau Elfriede Schmidt; sie hatte uns das schöne Zimmer gebucht), um zu berichten, dass wir gut angekommen waren. Sie verabredeten sich für 16 Uhr im Restaurant von unserem Hotel. Nach ausgiebigen Gesprächen übersetzte sie uns die Speisekarte und bestellte für uns das Abendessen. Nachdem wir gut und reichlich gegessen und getrunken hatten, wurde ich bettfertig gemacht und durfte zu Bett gehen. Die anderen fuhren mit dem Auto nach Stadt-Liebau, da Christian und Julia unbedingt noch bei meinem Haus graben wollten.
Die Brennnesseln bei meinem Haus waren wieder einen 3/4 Meter hoch, obwohl wir jedes Jahr diese herausgerissen und entfernt hatten. Auf Grund der Müdigkeit wurden die Arbeiten jedoch bald wieder eingestellt und die Rückfahrt zum Hotel angetreten.

Freitag, 28.07.2006
Nach kurzer Nacht freuten wir uns schon auf das Frühstück und den ersten Festtag in Altwasser. Mit meinem Rollstuhl wurde ich die 20 Treppenstufen hinunter zum Frühstückstisch "gehoppelt". Nachdem wir das Frühstück "ratzeputz" vertilgt hatten, brachen wir in meine Heimatstadt Stadt-Liebau auf. Bei einem kurzen Halt bei meinem ehemaligen Haus, sahen wir auf der gegenüberliegenden Straßenseite vor den Militärgaragen einen Panzer stehen. Dann ging es weiter zum Ringplatz. Von meinem Rollstuhl aus konnte ich die alten, teilweise verfallenen Gebäude vom Ringplatz, das Feuerwehrhaus, mein Schulgebäude und den ehemaligen gegenüberliegenden Laden (dort kauften wir früher unsere Hefte, etc. ein), die Winterschule, die Windmühle, den ehemaligen Friedhof, auf dem jetzt eine verfallene Sporthalle steht, und die Kirche sehen. Um die Kirche wurde ein neuer Wellblechzaun montiert. Wie wir von außen sehen konnten, wurden neue Klarglasfenster eingebaut und die großen Öffnungen im Außenmauerwerk zugemauert. Leider konnten wir nicht in die Kirche gehen.
Nach unserer Stadtbesichtigung ging es wieder zum Hotel. Essen, ausruhen und Mittagsschlaf stand auf dem Programm. Ich musste ja um 15 Uhr wieder fit sein, um den ersten Festgottesdienst in Altwasser mitfeiern zu können.
Ausgeruht und fit kamen wir in Altwasser an. Viele bekannte und neue Gesichter begrüßten uns schon vor der Kirche. Vor der Kirchenmauer und um einem Baum wurden seit dem letzten Jahr schöne Holzbänke für die Besucher fest montiert. Nach der Begrüßung fuhren wir mit dem Rollstuhl in die Kirche hinein. Seit unserem letzten Besuch wurden nur ein paar Putzausbesserungen im unteren Bereich des Altarraumes durchgeführt. Zusammen mit den Reisenden der 3 deutschen Busse und denen, die mit ihren eigenen PKWs angereist waren, feierten wir die Messe. Der Gottesdienst wurde von Pater Oldrich Masa aus Bärn, sowie einem deutschen und einem jungen tschechischen Priester zelebriert. Die Lieder wurden aus der Schubertmesse entnommen. 4 Bläser unterstützten unsere Gesänge. Herr Prof. Losert gedachte nach dem Gottesdienst der Toten. Frau Losert bedankte sich bei Frau Jana Petrzelowa aus Domstadtl dafür, dass sie vor 60 Jahren das Priestergewand in Sicherheit gebracht hatte, welches heute Herr Pfarrer Masa aus Bärn während der Messe getragen hatte. Dieses Gewand wird von einem deutschen Pilger nach Deutschland, direkt in die Heimatstube von Langgöns, gebracht und dort ausgestellt. Viele der Pilger - wie auch wir - machten sich anschließend auf den Weg zum Königsbrunnen. Nachdem ein Trompeter gespielt und die Pilger gesungen hatten, füllte jeder seine mitgebrachten Flaschen mit dem Heilwasser vom Königsbrunnen. Nach geselligen Stunden unter den Schatten spendenden Bäumen vor der Wallfahrtskirche brachen wir wieder zum Hotel auf.

Samstag, 29.07.2006
Da wir vergessen hatten zu sagen, dass wir heute schon früher frühstücken wollten, musste meine Tochter die Betreiberin des Hotels durch Klopfen an ihrer Wohnungstür aufwecken. Wir konnten dann gegen 8:00 Uhr frühstücken. Heute gab es Eier mit Schinken und Zwiebeln, Hörnchen, Marmelade und Streuselküchchen. Wir waren rechtzeitig zum 2. Festtag des Anna-Festes in der Wallfahrtskirche. Auf Grund meines Behindertenausweises gestatteten die tschechischen Militärpolizisten meinem Enkel, den Berg bis zum Parkplatz vor der Kirche hinunter zu fahren. Ich und meine Mitreisenden durften dort aussteigen, bevor mein Enkel das Auto wieder oben auf der Straße nach Bautsch parken musste. Entlang der Straße zur Kirche standen wie früher viele Stände mit Andenken, Leckereien, Rosenkränzen, Schmuck, Büchern, Bratwurst, Kartoffelküchchen, Eis, Getränken, etc. Die Kirche war bereits eine 3/4 Stunde vor dem Gottesdienst gut gefüllt. Ein Rosenkranz in tschechischer Sprache stimmte die Wallfahrer auf den Gottesdienst ein. Als der Gottesdienst begann, war die Kirche bis auf den letzten Platz gefüllt. Viele Pilger hatten sogar ihre Klappstühle mitgebracht oder standen in den Gängen zwischen den Bänken, auf der Empore oder hinten. Heute waren die tschechischen Pilger in der Überzahl. Deshalb wurde nur die Begrüßung und die Einleitung des Pfarrers und eine Lesung für die deutschen Pilger von Herrn Georg Bouchal (Olmütz) übersetzt, bzw. gelesen. Die Blaskapelle aus Bärn, ein Chor und eine Orgel machten den Gottesdienst zu einem Hochfest zu Ehren der Mutter der Gottesmutter Maria. Als der Gottesdienst zu Ende war, zogen die Pilger wieder wie früher zum Königsbrunnen. Nach einigen Gesprächen vor der Kirche, Stärkung und dem Einkauf von Andenken, ging es für mich wieder zum Ausruhen ins Hotel. Frau Gaby Stanzel (Ortsbetreuerin von Bautsch) hatte uns gesagt, dass abends - sobald es dunkel sei - eine Lichterprozession zum Königsbrunnen stattfinden würde. Meine Tochter, mein Enkel und meine 2 Urenkel machten währenddessen ein Spaziergang durch Bärn und zum Kreuzberg. Als wir gegen 19.30 Uhr wieder in Altwasser eintrafen, waren fast keine Pilger mehr da. Um die Zeit bis zur geplanten Lichterprozession zu verkürzen, besuchten wir die Mutter Anna in der Kirche. Vor der Kirche lernten wir den Pfadfinder Roman kennen. Während wir uns unterhielten, zeigten wir ihm Bilder von den Internetseiten www.stadt-liebau.de und www.baerner-laendchen.de . Da es bereits 20:45 Uhr war und es zu donnern anfing, traten wird die Rückreise zum Hotel an. Wir wussten nicht, warum niemand zur Lichterprozession gekommen war. Kurz vor Bärn begann es sehr stark zu regnen. Bis meine Helfer mich vom Auto bis ins Hotel gebracht hatten, waren wir durchnässt.

Sonntag, 30.07.2006
Heute bekamen wir unser Frühstück bereits um 7:30 Uhr. Wir wollten vor dem Abschlussgottesdienst noch ins Sperrgebiet. Von Stadt-Liebau aus fuhren wir dort hinein. Auf Grund der fehlenden Schilder hatten wir uns verfahren. Auf unserer Irrfahrt kamen wir am Gedenkkreuz von Siegertsau vorbei und konnten Hasen auf dem freien Feld beobachten. Plötzlich  überquerte Rotwild die Straße. Gott sei Dank waren wir nicht so schnell unterwegs.
Im Wald arbeiteten 3 Männer. Sie fällten gerade Bäume. Diese fragten wir nach dem Weg, welcher uns aus dem Sperrgebiet herausführen würde. Wir fanden diesen auch. Wir verließen das Sperrgebiet wieder bei Stadt-Liebau.
Unser 2. Versuch Groß-Dittersdorf im militärischen Gelände zu finden, führte uns zum Gedenkstein von Schmeil. Dort gedachten die Mitreisenden eines deutschen Busses ihrer Toten. Als wir auf der richtigen Straße nach Groß-Dittersdorf waren, versperrte uns kurz vorher ein verschlossener Schlagbaum die Weiterfahrt. Da wir uns dadurch nicht entmutigen ließen, suchten wir uns einen Weg durch den Wald. Wie durch ein Wunder kamen wir sogar in Groß-Dittersdorf an. Nachdem wir einige Erinnerungsfotos gemacht hatten, fuhren wir durch den Ort. An der Kirche fanden wir einen Gedenkstein. Diesen befreiten wir von Moos und legten die eingemeißelte Inschrift frei. Auf dem Gedenkstein stand: "Gestiftet von Anton und J. Hauszner". Christian und Julia waren begeistert.
Am Ortsende auf der rechten Seite, gegenüber dem Bach, befand sich das Haus meiner Schwiegermutter, in welchem meine Tochter Sofie geboren wurde (meine hochschwangere Frau ging damals von Stadt-Liebau nach Hause zu ihrer Mutter zum Entbinden zurück, da sie nicht wusste, ob ich überhaupt noch am Leben war). Voller Euphorie begannen meine Urenkel den Luftschacht vom Keller des Hauses und den Kellerzugang frei zu räumen und frei zu graben. Mein Enkel Bernd entfernte mit seiner mitgebrachten Säge wilde Bäume und abgestorbenes Geäst. Meine Urenkel fanden unter anderem eine halbe Tasse, Wandkacheln (Fliesen), eine Sense, eine Gewehrpatrone, Eisenteile, etc. Ihre Schätze und 2 Steine vom Mauerwerk des Hauses haben sie als Andenken mitgenommen. Meine Tochter beschloss diese Steine auf das Grab ihrer Mutter legen. Die Kinder konnten nicht mehr aufhören zu graben. Erst als wir ihnen versprochen hatten, dass wir wieder hier her kommen würden, willigten sie ein, nach Hause zu fahren.
Was dann kam, könnte man im Nachhinein als Höllenfahrt bezeichnen. Wir hatten uns bei der Heimfahrt erneut verfahren. Wir fuhren zwar bei Bodenstadt aus dem Sperrgebiet heraus, jedoch auf einer anderen Zufahrtsstraße gleich wieder hinein. Ein Bauer auf dem Felde sagte uns, dass dies militärisches Gebiet wäre und wir umdrehen müssten. Weil der Weg zurück jedoch sehr weit war, meinte er, dass wir an der 2. Kreuzung rechts abbiegen sollten. Als wir jedoch seinem Rat nicht folgten und weiter geradeaus fuhren, kamen wir schließlich auf eine Panzerstraße mit sehr tiefen Kuhlen und Pfützen. Dies alles machte meinem Enkel nichts aus, obwohl die Straße immer schlechter wurde. Erst als die Straße fast senkrecht nach unten ging, sah er ein, dass er auf engsten Raum das große Auto drehen musste. Meine Tochter musste Höllenqualen erleiden. Sie dachte schon, dass wir stecken bleiben oder das Auto beschädigen würden und niemand uns finden würde. Irgendwie schafften wir es schließlich doch noch und fanden einen Weg aus dem Sperrgebiet. Völlig geschafft kamen wir in unserem Hotel an.
Wir waren schon ziemlich spät dran, denn wir wollten ja noch zum Abschlussgottesdienst nach Altwasser. Die Kinder waren sehr mitgenommen und wollten nicht mehr mit nach Altwasser fahren. Deshalb fuhren wir nur zu dritt. Mit 8-minütiger Verspätung kamen wir in Altwasser an. Der Gottesdienst hatte schon begonnen. Leider mussten wir hinten in der Kirche stehend den Gottesdienst mitverfolgen. Nach dem feierlichen Gottesdienst zog die Gemeinde wieder gemeinsam zum Königsbrunnen. Inmitten der Pilger war auch Herr Keiner aus Bölten, der zusammen mit insgesamt 24 Wallfahrern von Maria Stein bis nach Altwasser gepilgert war. Die 42 km lange Route legten sie zwischen 5.00 Uhr und 21.45 Uhr zurück. Sie kamen am Samstag, kurz vor dem Regen, in der Wallfahrtskirche an, in welcher sie auch die Nacht verbrachten. Anschließend spielte wieder die Bärner Blaskapelle. Ein Musikant tanzte sogar mit einer Pilgerin. Die Pfadfinder von Dr. Jan Pecinka, welcher sich u. a. um die Kirche und den Königsbrunnen von Altwasser kümmern, hatten wie die Tage zuvor Bilder von den Aktionen aufgehängt und Postkarten und Glöckchen verkauft. Nach vielen Gesprächen und Gedankenaustausch ging das diesjährige Anna-Fest zu Ende.
Beim Einsteigen ins Auto verabschiedete sich Herr Keiner (Wallfahrer) bei mir. Ich versprach ihm, dass ich nächstes Jahr wieder kommen werde. Und was ich verspreche, versuche ich auch zu halten. (Anmerkung: dies bedeutet, dass es vermutlich eine 6. Reise / Wallfahrt zum St. Anna-Fest nach Altwasser geben wird)
Nachdem ich ins Bett gehen durfte, besuchten meine Begleiter Erika Zifcakova (Freundin von Frau Elfriede Schmidt, welche uns das Hotel gebucht hatte). In ihrem Garten verbrachten wir schöne Stunden mit Gesprächen und dem Betrachten von Fotos.

Montag, 31.07.2006
Heute stand Sternberg auf dem Programm. Nach einem reichhaltigen Frühstück machten wir uns auf den Weg nach Sternberg. Nach einem ausgiebigen Einkaufsbummel machten wir eine Stadtbesichtigung. Im Sternberger Hof wollten wir Evi Polzer, die wir schon seit unserer 1. Reise kannten, besuchen. Leider war sie - wie man uns sagte - heute nach Berlin gefahren. Schade. Wir hätten uns gerne mit ihr unterhalten. Nach einem Mittagessen im Hotel brachen wir zum Heiligen Berg (bei Olmütz) auf. Leider war die Kirche auf Grund von Reinigungsarbeiten kurzfristig für Besucher geschlossen worden. Wir mussten uns daher mit dem Äußeren der Kirche und dem Panoramablick zufrieden geben. Anschließend fuhren wir Olmütz, wo wir das Rathaus mit der berühmten Uhr, die Mariensäule, etc. bewunderten. Nach dem Besuch des Tschechenmarktes fuhren wir wieder zurück ins Hotel. Unsere restlichen Postkarten (insgesamt haben wir ca. 45 Stück geschrieben) schrieben wir nach dem Abendessen auf unserem Hotelzimmer.

Dienstag, 01.08.2006
Heute führte unser Weg durch altbekannte Ortschaften in und um Bärn; Neuwaltersdorf, Lobnig, Braunseifen bis nach Sternberg. Nach meiner Mittagsruhe ging es zum Altvater. Dank unseres Behindertenausweises durften wir zum halben Preis mit dem Auto bis zur Schafweide fahren. Der Pförtner am Fuße des Altvaters hatte uns gesagt, dass es nicht möglich wäre, mit dem Auto bis zum Altvaterturm hoch zu fahren. An der Schafweide angekommen fragten wir jedoch den Ordner, ob wir hinauffahren dürften. Nach kurzer Überlegung gestattete er uns mit dem Auto nach oben zu fahren, ein paar Bilder zu schießen, um dann gleich wieder nach unten zurückzukehren. An diese Anweisung hielten wir uns jedoch nicht. Oben auf dem Altvater war es sehr kühl und regnerisch. Meine Urenkel und mein Enkel fuhren mit dem Aufzug im Altvaterturm die 73 Meter bis zur Aussichtsplattform in 30 Sekunden nach oben, um von dort aus die Landschaft und die Aussicht zu bewundern. Nach einem heißen Tee, Kaba und Kaffee traten wir die Heimreise zum Hotel an. Eigentlich hatten wir geplant, dass wir weiter zum Wallfahrtsort Maria Hilf (bei Zuckmantel) zu fahren. Da ich aber sehr geschafft und müde war, hatten wir dieses Ziel gestrichen. Ich durfte in mein Bett. Die anderen gingen zu Erika, um den letzten Abend mit ihr, ihrem Mann, ihrem Sohn, ihrer Schwester und ihren 2 Enkeln zu verbringen. Nach einem schönen Abend hieß es bei Erika und ihrer Familie Abschied zu nehmen.

Mittwoch, 02.08.2006, Tag der Heimreise
Am Vortag hatten wir bereits einen Teil unseres Gepäcks gepackt. Den Rest packten wir heute vor dem Frühstück. Wir alle waren sehr traurig darüber, dass wir heute wieder nach Hause fahren mussten. Nach dem Frühstück fuhren wir noch einmal nach Altwasser, um unsere leeren Flaschen am Königsbrunnen zu füllen. In Stadt-Liebau kauften wir unsere letzten Geschenke und Mitbringsel ein. Unsere Fahrt führte nach Domstadtl, wo wir Frau Jana Petrzelowa aufsuchten. Sie kümmert sich schon viele Jahre um die Kirche von Domstadtl. Sie zeigte uns stolz die neu renovierte Kirche und die zu einer Kapelle umgebauten Sakristei. Nach einem letzten Frischmachen im Hotel steuerten wir unser letzten Ziel Brünn an. Dort fuhren wir einmal mit dem Auto quer durch diese schöne Stadt, wo mein Onkel Braun früher eine Apotheke hatte, und machten einen  Einkaufsbummel beim Bahnhof. Dort musste meine Urenkelin Julia die restlichen Mitbringsel für ihre Freundinnen einkaufen.
Nun hieß es endgültig Abschied von der alten Heimat zu nehmen. Ohne größere Pause ging es über bzw. durch die Goldene Stadt Prag nach Hause. Um 23:45 Uhr erreichten wir unser Heimatdorf Straßdorf (bei Schwäbisch Gmünd). Beim Ortsbeginn sprang der Urlaubskilometerzähler auf 2.200 km. Völlig geschafft durfte ich in mein Bett. Was für eine aufregende Reise. Nächstes Jahr fahren wir - wenn Gott es will - wieder nach Hause! Gute Nacht!

 

Da soll noch einmal einer sagen, dass er zu alt oder zu krank für eine Reise in die alte Heimat sei. Ich war schließlich fast 93 (es fehlten nur 18 Tage) und saß im Rollstuhl!

 

 

 

 

 

 

 

 

Heimat - du heiliger Name

Wenn ich dich rief und rief
über den bangen Tag,
wenn ich dich schmerzlich tief
im dunklen Herzen trag,
find' ich die Worte nicht,
leidvoll und schön zugleich:
Vor deinem Morgenlicht werden sie bleich.
Heiliger Name du,
bleib' immer ungenannt,
mein Werk und meine Ruh'
liegen in deiner Hand.

Friedrich Czerny (Jahrbuch der Heimat 1962)



Josef Knopp + 20.01.2008

Ob ich wach bin oder ob ich träume,
es dreht sich alles um mein "ach' so geliebtes Stadt-Liebau!

Bärn; 20. Juli 2007; letzte gemeinsame Reise

Mein lieber Opa, Josef Knopp, ist am Sonntag, den 20. Januar gegen 7 Uhr friedlich eingeschlafen.

Sein größter Wunsch war es, dieses Jahr zum 7. Mal (einen Monat später wäre er dann 95 Jahre alt geworden) - über das diesjährige Anna-Fest - nach Hause zu fahren.

Mein Opa lebte seit seiner Vertreibung vor 62 Jahren immer noch zu Hause. Je älter er wurde um so mehr. Wenn man ihn fragte, was er gerade denke, oder was er geträumt habe, dann sagte er immer: "an zu Hause". Ihn kam alles vor wie "gestern erst".

Obwohl er bereits 6 x zu Hause war, hatte er immer das gesehene verdrängt (er wollte es nicht wahr haben) und gedacht, dass alles noch so sei, wie er damals, als er mit dem letzten Transport aus Groß-Dittersdorf (warum aus Groß-Dittersdorf?!? - siehe Unterseite "Mein Leben), seine Heimat verlassen musste. ... " ich weiß noch genau wo das Grab meiner Eltern ist, ... meine Felder, .... mein Haus, ... meine Kirche, .... Altwasser, .... - und als wir dann dort waren, dann konnte er gar nicht glauben was er sah; und doch wollte er immer nach Hause.

Nun ist mein Opa zu Hause!

Ich weiß, dass er jetzt jede Sekunde dort sein wird, wo er immer sein wollte, zusammen mit seiner geliebten Frau, (Sophie Knopp; geb. Langauf * 24.01.2003), seinen Eltern, Geschwistern, Verwandten, Nachbarn, etc..

Ich habe meinem Opa viel zu verdanken.

Opa, machs gut!

dein Enkel Bernd

 

Eine Reise in die Vergangenheit – Annafest 2007

von Bettina Mair (Enkelin von Elfriede Kössinger, geb. Zwesper, Jahrgang 1927) und Heidi Kindermann (Tochter von Julie Kindermann, geb. Zwesper, Jahrgang 1922)

Als im Frühjahr diesen Jahres mein Patenkind Bettina mich fragte, ob ich Sie auf einer Reise in die Heimat meiner Mutter und Ihrer Oma begleiten würde, sagte ich spontan zu. Nicht im geringsten konnte ich damals ahnen, auf welch eine emotionale Zeitreise ich mich damit eingelassen hatte. Ich freute mich nur, dass ich einmal verreisen kann, ohne dass ich irgendwelche Vorarbeiten erledigen musste, da Bettina sagte, sie würde alles organisieren.

Dieses Versprechen machte sie wahr und ich konnte kaum glauben, dass Sie sogar zum Heimattreffen nach Langgöns fuhr, um weitere Informationen zu sammeln.

So fuhren wir am 20. Juli morgens um drei Uhr mit etwas mulmigem Gefühl und viel Spannung, was uns wohl in Stadt Liebau erwarten würde, los. Wir hatten viel Glück und gutes Wetter und kamen schnell voran. Beim Grenzübertritt in Waidhaus grüßten mich die Höhen des Böhmerwaldes, wo mein Vater zu Hause war und ich erinnerte mich an die erste Reise vor sechs Jahren nach Wallern, wo ich einen kleinen Eindruck von der Heimat meines Vaters bekam und damals auf einmal seine Erzählungen von seiner märchenhaften Kindheit im schönen Böhmerwald und an der Moldau Gestalt bekamen. Ich war sehr gespannt, ob es mir mit Stadt Liebau ebenso ergehen würde. Da ich beruflich in letzter Zeit sehr eingespannt war und kurz vorher noch meine Schwester in Berlin besucht hatte, hatte ich mich überhaupt nicht auf die Reise vorbereitet und wollte alles auf mich zukommen lassen.

Als wir von Brünn aus in Richtung Olmütz fuhren waren wir immer begeisterter von der schönen Landschaft. Die goldgelben, kornschweren Hügel in der Sonne, unterbrochen von einigen Pappeln erinnerten uns an die Toskana und wir konnten uns gar nicht satt sehen.

Vor Olmütz war ich mir dann auf einmal ganz sicher, dass dies die „Hanna“ sein musste, wo meine Mutter und ihre Schwester (Bettinas Oma) bei tschechischen Bauern nach Kriegsende als Mägde arbeiten mussten. Mutter hatte mir oft davon erzählt und dass sie es, trotz allen Unglücks bei diesem Bauern noch gut getroffen hatten und es ihnen dort relativ gut ergangen ist. Und nun begann etwas, was mich heute noch beschäftigt: verzweifelt grub ich in meinem Gehirn nach Informationen – was hatten Mutter und die Großeltern erzählt. Vieles tauchte aus der Vergangenheit auf und die nächsten Tage und Wochen vermischten sich Vergangenheit und Gegenwart und nachts in meinen Träumen sah und sprach ich mit meinen verstorbenen Familienmitgliedern und besonders gegenwärtig war mir das Heimweh meiner Eltern und Großeltern. Nun sah ich, was sie vermisst hatten und begriff, warum sie trotz der auch schönen neuen Heimat stets sehnsuchtsvoll zurückdachten.

Gleich hinter Olmütz suchten wir nach einer Tankstelle und auf einmal sah ich ihn: den „Heiligen Berg“. Ich wusste es einfach. Die Aufregung stieg. Wir fuhren durch Sternberg, sahen aber nichts von der schönen Altstadt sondern fuhren gleich weiter Richtung Bärn, wo wir im Hotel Narodni Dum gebucht hatten. Die Straße wand sich einige Serpentinen hoch und wieder lag oben eine wunderschöne Hügellandschaft vor uns. Nicht so wie hier in Schwaben, wo die Hügel rechts und links eines Flusstales stehen, sondern sanfte Hügel, kreuz und quer, grün, gold und braun in herrlichen sommersatten Farben mit kleinen Wäldern dazwischen.

Schnell erreichten wir Bärn und waren angenehm überrascht von unserem Hotel, das sich wohltuend farbenfroh und frisch renoviert aus dem Grau des Ringplatzes hervorhob.

Völlig konsterniert war ich, als aus dem Auto neben uns Leute ausstiegen, die sofort auf Bettina zugingen und uns in deutsch ansprachen: Bernd Stadelmaier mit Mutter Sophie und Opa Knopp. So lernte ich schon in der ersten Stunde jemand kennen, den ich nur von der Internetseite von Stadt Liebau kannte. Mein Hochgefühl stieg, denn nun hatten wir im selben Hotel Leute, die sich auskannten und schon oft in Stadt Liebau waren. Das konnte nur gut werden.

Ein schönes Zimmer mit Dusche wartete auf uns und da der Wirt ein deutsch sprechender Italiener und wie sich später herausstellte mit einer tschechischen Frau aus Stadt Liebau verheiratet war, gönnten wir uns zuerst eine Pizza und anschließend einen Mittagsschlaf.

Mit Thomas Köpnick, dem Ortsbetreuer von Stadt Liebau hatte Bettina einen persönlichen Führer für uns an Land gezogen. Er kam mit dem Zug zum Annafest aus Berlin angereist und fuhr, da wir ja genügend Platz hatten, mit uns im Auto mit. Wir holten ihn am Bahnhof in Bärn-Andersdorf ab und sofort begann der Geschichtsunterricht: Er erzählte uns, dass von diesem Bahnhof viele Vertriebenen-Transporte abgingen und mir wuchs eine Gänsehaut trotz 30°. Wir sagten, dass wir uns heute noch Olmütz anschauen möchten, da dafür in den nächsten Tagen sicher keine Zeit mehr bliebe und er bot uns an, uns die Stadt zu zeigen.

Wie waren wir platt, als wir in die Innenstadt kamen. Als wir mittags am Stadtrand entlang Richtung Bärn gefahren waren, waren wir ziemlich vom Aussehen der Stadt Olmütz enttäuscht gewesen. Jetzt lag vor uns die prächtige Bischofsstadt mit den alten Bürgerhäusern, Kirchenbauten und Palästen. Vieles war schon sehr schön renoviert und überall wurde gepflastert und gearbeitet. Mit Fotoapparaten bewaffnet streiften wir durch die Straßen, bewunderten das Rathaus mit der Uhr und hörten, dass die früher vorhandenen Heiligenfiguren im Sozialismus durch die Helden der Arbeit ausgetauscht wurden. Wir bewunderten die Mariensäule, kauften Souvenirs bei Bata und dann fielen wir mit müden Füßen auf die Korbsessel eines Straßencafés und ich bekam, glücklicher Nichtautofahrer, ein Bier und später noch eins. Da schlug doch der Bierkutscher-Opa wieder mal durch. Was wir schmerzlich vermissten war unser Tschechisch-Wörterbuch oder eine deutsche Speisekarte. Es gab seitenlang Spezialitäten angeboten – wir hatten leider keine Ahnung was Was war. Thomas half uns auf die Sprünge und so bekamen wir noch Gulasch und Knödel und rundum satt, bierselig (bis auf die Fahrerin Bettina) und müde fuhren wir wieder die Ecco Homo-Serpentinen hinauf nach Bärn. Vor dem Hotel saßen noch Bernd und Sophie und so setzten wir uns zu ihnen und genossen den schönen Abend und natürlich wieder Pivo.

Samstag, 21. Juli 2007

Kräftige Donnerschläge und heftiger Regen weckten uns gegen vier Uhr morgens und in der Hoffnung, dass sich das Gewitter bald verzieht, schliefen wir wieder ein. Um acht Uhr waren wir zum Frühstück verabredet und als wir das Gastzimmer betraten, war die ganze Familie Stadelmaier und Opa Knopp schon am frühstücken. Sorgenvolle Blicke richteten sich zum Himmel doch wir Optimisten wurden nicht enttäuscht, es hörte auf zu regnen und als wir nach Stadt Liebau fuhren, zeigten sich erste Sonnenstrahlen. Ganz still war es in unserem Auto. Mit allen Sinnen versuchten wir die Spur aufzunehmen und die Ortsnamen Altliebe, Nürnberg und Reisendorf brachten die Saiten wieder zum klingen und Mutters Dialekt „of Nürnberich zu“ geisterte durch mein Hirn. Dann wird die Landschaft anders, nicht mehr so gepflegt, viel Buschwerk und etwas verwildert, die geteerte Straße schlängelt sich durch Bäume und plötzlich das Ortsschild Mesto Libava – Stadt Liebau. Wir halten uns nicht auf, wir fahren gleich weiter zum Ringplatz und zur Kirche, wo wir den Bus mit den Heimatvertriebenen aus Liebau und umliegenden Dörfern treffen wollen, damit wir uns der Kirchenführung anschließen können. Voller Beklemmung steigen wir aus. Wie oft sind wohl unsere Vorfahren auf diesem Platz gestanden. Hochzeiten, Kindstaufen, Beerdigungen und tausend Bitt- und Dankgebete sind wohl in dieser Kirche gehalten worden. Dann steigen Leute aus dem Bus und zwischen verschiedenen Dialekten auf einmal auch der vertraute Liebauer Zungenschlag.

Tränen laufen uns übers Gesicht. Wir fallen auf, denn wir sind die einzigen jüngeren Leute hier und dann wird Thomas herzlich von vielen alten Damen begrüßt und in den Arm genommen. Auch Bettina wird begrüßt, denn vom Treffen in Langgöns ist sie schon einigen bekannt.

Ein militärisch aussehender Tscheche öffnet den Zaun und erklärt den Zustand der Kirche: Sie ist von den russischen Truppen als Lagerschuppen verwendet worden und in zwei Stockwerke geteilt worden, damit man Regale aufstellen kann.

Ich war schon gewarnt durch Berichte früherer Besucher und war im Moment eigentlich nur froh, dass sie überhaupt noch stand, denn von Schießübungen auf die Kirche hatte ich auch gehört. Trotzdem trifft mich die Zerstörung der Inneneinrichtung, der Fenster, Figuren und Bilder hart und immer wieder versuche ich, mir die Kirche im früheren Zustand vorzustellen.

Als wir uns nach oben begeben, stimmen einige Frauen „Ein Haus voll Glorie schauet“ an und ich versuche mitzusingen. Doch angesichts der Zerstörungen versagt mir immer wieder die Stimme und ich bewundere die alten Damen, die so trotzig und inbrünstig singen können.

Aber sie alle haben in Ihrem Leben ganz andere Zerstörungen erlebt, von denen ich erst noch erfahren sollte.

Nach der Kirchenführung spricht Thomas auf unseren Wunsch den Tschechen an und fragt, ob wir hinter dem Bus herfahren dürfen und die Fahrt durch das Sperrgebiet so mitmachen können. Nach genauer Aufnahme unserer Personalien und Autonummer dürfen wir uns anschließen und nun erleben wir fassungslos eine Fahrt über Land auf dem einmal Dörfer gestanden sind, von denen nur noch ein paar Grundmauern, ein Gedenkstein, das Schloss Waltersdorf oder verrostete Ortsschilder übrig sind. Gnädig überwuchern Gras, Blumen, Buschwerk und Bäume die grausige Auslöschung von so vielen Orten. Es ist auch kein Trost, dass nach den Truppen des Warschauer Pakts heute auch die Nato dort übt. Es bleibt doch barbarisch. Achtungsvoll beobachten wir die Menschen, die vor den kläglichen Resten ihrer ehemaligen Heimat stehen und bewundern ihre Fassung. Auf der Rückfahrt bleiben wir einige Male hinter dem Bus zurück, einmal um die kleine Oder zu fotografieren und dann auf der Schmeiler Straße noch ein altes, schon dem Verfall preisgegebenes Wegkreuz, immer im Bewusstsein, dass diesen Weg auch unsere Vorfahren gegangen sind und hier vorbeigekommen sind.

 Das Mittagessen war in Bautsch bestellt und so sind wir auch dort eingekehrt. Leider war die Kirche verschlossen und wir hatten auch nur wenig Zeit, uns etwas umzusehen. Dank Thomas Hilfe bekamen wir wieder ein gutes Essen und vor der Abfahrt in Richtung Altwasser sprach der tschechische Führer Thomas als den Ortsbetreuer von Stadt Liebau an. Er berichtete davon, dass bei Aufräumarbeiten verschiedene Grabsteine gefunden wurden und er und noch ein anderer Tscheche vorhaben, diese Steine in Stadt Liebau aufzustellen und so eine Gedenkstätte für die Liebauer und die zerstörten Ortschaften aufzurichten. Thomas wollte sich nicht dazu äußern und der Tscheche hakte nach und bat um ein Schreiben des Heimatkreises im Namen der Vertriebenen an das Tschechische Militär, um dieses Vorhaben zu unterstützen.

Ausdrücklich wies er darauf hin, dass es hier nicht um Geld ginge, sondern nur um eine schriftliche Unterstützung dieses Vorhabens. Er sei wie Thomas der Meinung, dass das Militär die Zerstörungen angerichtet hätte und jetzt auch für die Beseitigung zuständig wäre, genau wie dies beim Kirchendach in Liebau geschehen sei. Thomas sagte, dass er sich die Sache überlegen werde.

 Um 14 Uhr erreichten wir die Wallfahrtskirche in Altwasser, die sich rosa und weiss aus dem Wald erhebt. Wieder hörte ich fassungslos, dass um diese Kirche ein großes Kloster und ein Dorf stand, von dem es ebenfalls nur noch wenige Spuren gibt. Völlig erschlagen war ich, als wir die außen schön renovierte Kirche betraten. Eine kahle Kirche, ohne Hochaltar, mit zerschlagenen Figuren, zerstörten Malereien und russische Wandschmierereien. Der Boden war mit neuen Platten ausgelegt und das Kinogestühl aus dem Stadt Liebauer Kino dient als Sitzplatzgelegenheit.

Wir machten uns auf den Weg zum Königsbrunnen und dort erlebten wir eine Überraschung. Die Baustelle, die wir aus dem Internet kannten, war nun ein aufgeräumter Platz, das Bauwerk fertig gestellt und die Kapelle erhebt sich nun schmuck aus dem Grün.

Der Olmützer Weihbischof Josef Hrdlicka war mit Pfarrer Killer und uns zum Brunnen gewandert und nun setzte er sich die Mitra auf und schritt die Stufen zur Kapelle empor.

Oben stand schon ein kleiner Chor, es assistierten ihm der deutsche Pfarrer Killer und ein tschechischer Priester, auf der linken Seite hatten sich die Pfadfinder aufgestellt.

Der Bischof weihte nun die Kapelle ein und dann hielt er zuerst auf deutsch und anschließend in tschechischer Sprache eine sehr bewegende Predigt. Er ging auf die Geschichte dieses Königsbrunnens ein, die ja auch eine deutsche Geschichte ist und er bat um Vergebung des Unrechts, das man den deutschen Bewohnern von Altwasser und all der anderen deutschen Siedlungsgebiete angetan hatte. Er sprach an, dass der von den Pfadfindern aus verschiedenen Ländern, besonders aber aus Tschechien, mit deutschen Spenden wieder aufgebaute Königsbrunnen ein Symbol der wieder erwachenden Freundschaft und ein Zeichen der Vergebung zwischen Tschechen und Deutschen sein sollte. Tief bewegt hörten wir alle zu und manche Träne wurde vergossen. Der kleine Chor trug sehr schöne Lieder vor und auch die Pfadfinder sangen zur Klampfe. Pfarrer Killer bedankte sich bei Bischof Hrdlicka für die Unterstützung der Diözese und auch bei den Pfadfindern für den Wiederaufbau.

Bewegt las Frau Vogt die Geschichte der Wiedererstehung des Königsbrunnens vor und bedankte sich bei den Initiatoren und Spendern und bat darum, nicht in der Spendenbereitschaft nachzulassen, damit die Wallfahrt Altwasser weiter bestehen kann.

 Anschließend wanderten wir wieder zurück zur Kirche um dort Eucharistie zu feiern. In der kühlen Kirche hatten wir viel Zeit zur Sammlung und als dann – von einem Keyboard begleitet – die Lieder der Schubert-Messe erklangen, rannen Bettina und mir wieder die Tränen herunter, denn wir mussten daran denken, dass wir die Lieder im letzten Jahr bei der  Totenmesse von ihrer Oma, bzw. meiner Patin gesungen hatten. Trotz der kahlen und zerstörten Kirche zelebrierten wir mit Pfarrer Killer eine feierliche Messe und flehten um den Schutz der hl. Anna.

 Dann kam der gemütliche Teil des Nachmittags. Draußen waren zwei Stände aufgebaut. Die Pfadfinder verkauften neue und alte Ansichtskarten und Andenken an Altwasser und dann gab es Getränke, natürlich auch kühles Bier sowie Steaks und Klobassen, gut gewürzte aber sehr fette Würste. Wir hatten viel Zeit, uns mit den anderen auszutauschen und es tat so gut, einmal wieder den Dialekt „vu daheim“ zu hören. Besonders schön war es für mich zu sehen, wie die Pfadfinder mit ihren Gitarren den Senioren Lieder vorspielten und die Musik alle Verständigungsschwierigkeiten überwand. Die Alten freuten sich über die Musik und die Jungen über ein paar Groschen. So wurden auch all meine Ressentiments gegen das tschechische Volk peu a peu wegmusiziert und ich konnte ganz ohne Groll den Abend genießen.

Obwohl es noch nicht dunkel war, begann um 20 Uhr die Lichterprozession zum Königsbrunnen und wohl viele Erinnerungen und Wünsche wurden mit den Lichtern zur Kapelle getragen. Wir feierten nochmals eine sehr bewegende Andacht und der Höhepunkt war, als kurz vor Ende eine Pilgergruppe eintraf, die seit fünf Uhr morgens unterwegs war und die aus Deutschen und Tschechen bestand. Sichtbar müde, jedoch glücklich stiegen sie die Stufen zur Kapelle hoch und dankten Gott. Still und müde kehrten wir zur Kirche zurück und verabschiedeten uns von den Busreisenden und verabredeten uns gleichzeitig mit den Liebauern für den nächsten Tag in Stadt Liebau.

Im Hotel ließen wir noch den Tag Revue passieren und legten uns voll Spannung auf den nächsten Tag schlafen.
 

Sonntag, 22. Juli 2007

Nach dem Frühstück begeben wir uns zur Spurensuche nach Stadt-Liebau. Zwischenzeitlich wissen wir, dass von unseren zwei Häusern keines mehr steht, aber vielleicht finden wir noch irgend etwas was dazu gehörte. Wieder fahren wir die Senke nach Liebau hinunter durch die Baumallee. Zuerst fahren wir noch ein Stück Richtung Altwasser, um die Stadt von oben zu fotografieren. Wieder habe ich dieses seltsame Gefühl: einerseits Vertrautheit und doch dauernd nach innen lauschend und suchend nach Informationen. Wir fahren wieder hinunter zur Weggabelung Altwasserstraße/Bautscher Straße. Wo stand wohl die Nummer 204? Unsere Augen versuchen das Gebüsch zu durchdringen. Dann entdecken wir am Straßenrand Mauerreste, die zu Häusern gehört haben mussten. Es waren aber mehrere Meter Stützmauer, so dass wir nicht wussten, welche die zu unserem Haus gehörige war. Das alte Foto mit Großmutter Eigners Haus, das im Auto lag, musste her. Ein Baum gab uns schließlich den richtigen Anhaltspunkt und Omas Aussage: „von unserem Haus sah man die ganze Bautschergasse hoch bis zum Ringplatz“ wies uns den Weg.

Als wir uns sicher waren, dass wir die richtige Stelle hatten, ging es ins Gestrüpp. Durch unzählige Brennesseln und Buschwerk schlugen wir uns durch. Dabei dienten uns Äste und ein Wanderstock als Machete. Und tatsächlich – im Gebüsch entdeckten wir Schieferplatten. Zwischenzeitlich waren zu uns die Kern-Schwestern Anni und Mitzi gestoßen und erzählten und beschrieben das Leben und Treiben vor mehr als sechzig Jahren, z.B. wie es war, wenn ein Zirkus oder Bärentreiber kamen, die dann gegenüber auf der Wiese längs dem Liebauer Bach ihre Zelte aufstellten, dass man Freikarten bekam, wenn man half das Ringelspiel anzutreiben, wo der Morbitzer-Fleischer sein Haus hatte, usw., usw. Bettina holte noch eine Schaufel um besser nach Überbleibseln graben zu können. Wir fanden Reste von Ziegelsteinen und ein Brett, das vielleicht vom Dachstuhl oder der Scheune war. Wie Reliquien wurden die Funde im Auto verstaut. Anschließend spazierten wir über die Wassergasse (dort sind die Kern-Schwestern geboren) und über die Brücke am Zusammenfluss von Liebauer-Bach und Schmeiler Bach weiter in Richtung Schwimmbad. Zwischenzeitlich waren auch Stadelmaiers zu uns gestoßen und unsere Köpfe wurden mit immer mehr Informationen gefüllt.. Wir fanden das Fleischmann-Haus, das immer noch steht und bewohnt ist und auch das Großelternhaus von Thomas steht noch und ist bewohnt. Wir erfuhren, dass manche Häuser als Wochenendhäuser genutzt und gepflegt werden. Auf dem Weg zurück zum Ringplatz konnten wir sogar in ein verlassenes Haus hinein. Es war ein so interessanter Spaziergang, auf dem wir viel von den Kern-Schwestern, Thomas Köpnick und Stadelmaiers erfuhren.

Hunger und Durst zogen uns in Richtung Schnirch-Gastwirtschaft, ein renoviertes Gebäude das sich aus dem grauen Einerlei des Ringplatzes heraushob. Dort trafen wir bereits einige Liebauer an, die uns verkündeten, dass es nur Eis und Getränke aber nichts zu essen hier gibt.

Das war aber überhaupt nicht wichtig. Viel wichtiger war es uns, Spuren unserer Ahnen zu finden.

Nach unserer Pause liefen wir zu dritt in Richtung Schule um dort ein altes Foto von Oma nachzustellen. Gegenüber der Schule steht sogar noch die Buchhandlung Dreiseitel, in der Oma lange Zeit gearbeitet hat. Vieles wurde bereits abgerissen, so z.B. auch die Winterschule, und wir sind froh, noch etwas zu sehen, was wir aus den Erzählungen kennen, wie z.B. die Turnhalle. Wir umwandern Stadt Liebau, gehen über den nicht mehr vorhandenen Friedhof auf dem jetzt eine total verfallene Turnhalle der russischen Armee steht. Die war besonders gründlich beim „aufräumen“. Es gibt nichts mehr vom Friedhof. Doch beten kann man auch ohne Grabsteine.

Nach einer Weile treffen Bernd mit seiner Familie wieder auf uns, nachdem sie ihren 93jährigen Opa ins Hotel zum Mittagsschlaf gebracht hatten. Nun wollen wir zur Herlsdorfer Straße, in Richtung Domstadl, wo unsere Lieben zuletzt gewohnt haben. Ziemlich schnell erkennen wir, wo das Haus gestanden haben muss, denn die ehemalige Flachsbrecherei steht noch, ist heute ein Sägewerk und die Suche beginnt erneut. Das macht soviel Spass, wobei Bettina immer noch die Brennesseln vom Vormittag deutlich spürt. Wieder hat das Haus direkt am Bach gestanden. Wir finden sogar einen alten Backstein, den Thomas für uns zum Auto schleppt. Er macht geduldig alles mit.

Nun wollen wir zurück zum Ringplatz um die Kern-Maidla und die anderen zu verabschieden, deren Bus um 16.30 Uhr kommt um sie abzuholen. Die Freude ist übergroß dass wir uns kennen gelernt haben und wir liegen uns beim Abschied in den Armen, als ob wir uns schon ewig kennen. Bedanken möchten wir uns bei Frau Stein und Familie Vogt dass wir uns den von Ihnen geleiteten Bussen und Führungen anschließen durften, die uns Erlebnisse bescherten, die wir als Alleinreisende nicht gehabt hätten

 Etwas mitgenommen, denn wer weiß, ob es ein Wiedersehen geben wird, gehen wir zum Schnirrich, denn wir brauchen dringend eine Pause. Wir können nicht mehr draußen sitzen, es beginnt leicht zu regnen. Drinnen sitzt eine fröhliche Schar Tschechen und wieder wird gesungen und Gitarre gespielt. Nach einer Weile kommen wir in Kontakt, Bernd und Thomas versuchen ihnen mit Wörterbuch, Händen, Beinen und Laptop zu erklären, was wir hier machen. Eine schöne versöhnliche Geste und gute Stimmung kommt auf. Jetzt heißt es Abschied nehmen von der Stadt unserer Ahnen. Ein letzter Blick zurück und dann verlassen wir schweren Herzens und natürlich Tränen in den Augen Stadt Liebau.

Und dennoch – uns fällt es leichter zu gehen als unseren Lieben, die damals gehen mussten.

Nun wissen wir und können nachvollziehen, warum sie ihre Heimat so geliebt haben und werden immer vor uns sehen, von was sie uns vorschwärmten mit sehnsüchtigem Blick.

In Bärn gehen wir heute mal in ein anderes Lokal, wir hatten nämlich genug Pizza und essen ein letztes Mal ausgezeichnet böhmisch. Das Lokal schließt jedoch bald und wir gehen wieder in unsere Pizzeria. Bernd hat den Laptop mit und so können wir unsere, die letzten Tage gemachten Fotos anschauen. Einfach toll, die moderne Technik machts möglich und noch mal erleben wir die aufregenden Tage. Wir vergessen die Zeit und der Wirt will uns um 24 Uhr loshaben. Noch können wir uns aber nicht trennen und Bernd hat noch viele interessante alte Bilder von früheren Besuchen und bereits abgerissenen Gebäuden. So gehen wir, wie in Schulabschlussfahrtzeiten noch auf unser Zimmer, bewaffnet mit einer Flasche warmem Bier aus Bernds Vorrat und sitzen und sitzen. Wir können gar nicht glauben, wie schnell die Tage vergangen sind und wie viele Informationen uns erreicht haben. Dieses Wochenende werden wir nie vergessen und wir sind uns sicher: wir kommen wieder. An dieser Stelle möchten wir uns nochmals bei zwei neu gewonnenen Freunden bedanken: einmal bei Bernd Stadelmaier für die Zimmerreservierung in Bärn und die vielen Infos vor, während und nach der Reise  und zum zweiten bei Thomas Köpnick, dessen Nachhilfe in Geschichte, sein genauer Plan von Stadt Liebau und sein Spürsinn, seine Kenntnisse und seine Geduld uns bei der Spurensuche weitergebracht  und diese Tage für uns unvergesslich gemacht haben.

Montag, 23. Juli 2007

Nach dem Frühstück Abfahrt, d.h. zuerst müssen wir noch in den Supermarkt und die übrigen Kronen in Bier umwechseln, schnell noch ein Abschiedsfoto und dann geht’s los. Auf der Strecke halten wir noch am Bahnhof Andersdorf, von wo aus die Vertriebenen-Transporte damals abgingen. Die Vorstellung davon ist fast nicht auszuhalten, nachdem der Bahnhof so alt aussieht und sicher nicht renoviert wurde. Außerdem steht eine lange Schlange verrosteter Waggons auf den Gleisen, fast wie damals – fertig zum Abtransport. Die Verzweiflung an diesem völlig öden Ort ist fast spürbar und ich kann gar nicht aus dem Auto steigen. Bettina macht noch ein paar Fotos und dies ist der erste Ort, den wir gerne hinter uns lassen.

Nach den Serpentinen machen wir noch einen kleinen Abstecher in das wunderhübsche Sternberg, schauen in die schöne Kirche und laufen kurz durch die renovierte Altstadt mit dem südlichen Flair und vielen Straßencafès. Das nächste Mal wohnen wir hier, beschließen wir.

Anschließend fahren wir zum Heiligen Berg. Dort steht die Klosterkirche, in dem das Taufbecken von Stadt Liebau aufbewahrt wird. Leider können wir es nicht sehen, da die Sakristei nicht geöffnet ist und auch niemand auffindbar ist. Die Barockkirche ist wunderschön und wir haben einen letzten tollen Ausblick über Olmütz und Umgebung.

An einem Kreuz auf dem Pilgerweg zur Kirche zünden wir nun endlich unsere Gedenkkerze an, die wir bisher vergessen hatten. Noch einmal gedenken wir unserer Lieben und ein letzter Blick geht in Richtung Stadt Liebau.

Nun aber nach Hause. Heute ist deutlich mehr Verkehr als am Freitag, aber es läuft trotzdem ganz gut. Noch ein Foto von den Soldaten von Austerlitz (erst jetzt wissen wir, wo genau das liegt). Vor der Grenze kommen wir in einen kleineren Stau, da ein schwerer LKW-Unfall passiert ist. Die nächste Behinderung gibt es dann kurz vor Nürnberg. Hier ist eine Vollsperrung der Autobahn wegen eines Unfalls. Wir fahren ab und ein Stück weiter wieder auf und dann öffnet der Himmel seine Schleusen. Es schüttet bis Ellwangen. Dort kommt die Sonne aus dunklen Wolken hervor und wie eine Verheißung sehen wir einen wunderschönen doppelten Regenbogen. Gegen 22.15 Uhr sind wir wieder gut zuhause angekommen und haben die nächsten Tage Mühe, uns in der realen Welt zurechtzufinden.

 Bettina Mair (Enkelin von Elfriede Kössinger, geb. Zwesper, Jahrgang 1927); Telefon: 07343 - 52 40

Heidi Kindermann (Tochter von Julie Kindermann, geb. Zwesper, Jahrgang 1922); Telefon: 07309 - 51 42

 

St. Anna-Fest 2007

Rede des Weihbischofs aus Olmütz;
anlässlich der Einweihung des Königsbrunnen am 21.07.07

Originalton der Rede/Ansprache

Die Einweihung des Königsbrunnen ist gewiss eine Gottesgabe. Wir kommen um zu Danken und auch zu Bitten. Wir sehen die erneuerte Kapelle am Königsbrunnen hier im Altwasser. Vom Herzen heißen wir Wirkungen vor allen sie liebe Pilger aus Deutschland. Aus euer Initiative und aus eueren Spenden ist dieses Werk geboren worden, hier an diesem Ort und in diesem Land zu dem Sie tiefe und persönliche Beziehungen haben. Selbst die größte Schönheit der nahen Kirche erinnern uns, dass ehemals die Leute lebten, für welche der Glaube an Gott den Grund des Lebens darstellte.

Wir wissen auch gut, dass die deutschen Bewohner nach dem Kriege, etwa vor 60 Jahren, ihre Heimat verlassen genötigt worden sind. Wollen sie im Glauben, dass es für uns nicht gleichgültig ist, das ungeheuere Leiden dieser unseren deutschen Brüdern und Schwestern die aus ihrem Vaterland vertrieben wurden und dass wir auch die ergriffenen so viele Missetaten bedauern, die an ihnen verübt worden sind. Aber in dieser Stunde fühlen wir, dass lieber Gott ist hier mit uns und zeigt uns den Weg zur Hoffnung und Freundschaft für künftige Tage.

Wir sehen hier die Senioren, ältere Menschen, aber auch Jugendliche namentlich Pfadfinder – Scoute. Wir die älteren sind viel mehr zu Erinnerungen an Vergangenheit gewahrt. Die Jugendlichen tragen in sich die Zukunft. Mit ihren Herzen schauen sie genau und vorwärts. Sie liebe Freunde aus Deutschland haben sie zu dieser Werke die Finanzhilfe und mit großem persönlichem Interesse für diesen Ort beitragen. Diese jungen Pfadfinder aus dem Olmützer Kreise, also Tschechen aber auch Polen, ja sogar auch Jugendliche aus Kanada haben hier ein großes Stück vor Handarbeit abgeführt und viele ihre Anteile an der Freude, dass ein gutes und gemeinsames Werk gelungen ist. So treffen hier die Vergangenheit, Gegenwart und die Zukunft zusammen. Gott wird seine Kinder zur Liebe, Verzeihung und Versöhnung, er ist der, der sie und der Vergangenheit und uns in Liebe und Freundschaft und der Liebe. Wir erbitten auch die selbste Jungfrau Maria und heilige Anna Patronin dieser Pilgerkirche. Wegen dieser Stunde in der wir diese Kapelle am Königsbrunnen in Altwasser einsegnen, zum Ausdruck unseres gemeinsames Glaubens, unserer Hoffnung und Liebe werden.

Amen 

 

Einweihung Königsbrunnen

21.07.2007

Der wieder aufgebaute Königsbrunnen wurde
vom Weihbischof
aus Olmütz
am 21.07.2007
feierlich eingeweiht.

 

Königsbrunnen um 1967

Königsbrunnen um 1990

 

Innenansicht Königsbrunnen

Stand 03.06.2007

 

Außenansicht Königsbrunnen

Stand 03.06.2007

Weitere Bilder finden Sie unter: http://fotoalbum.web.de/gast/stadelmaierbernd/altwasser_und_koenigsbrunnen

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aktuelle Bilder vom Stand des Wiederaufbaues und der Renovierung des Königsbrunnens finden Sie unter www.baerner-laendchen.de Unterseite Altwasser.