Sitte und Brauch


Entnommen aus dem Heimatbuch der Gemeinde Groß-Dittersdorf

Reich war das Dorfleben in früherer Zeit an Altüberliefertem Brauchtum. Aber mit der fortschreitenden Zeit und dem Verflachen des Volkslebens durch Zeitung und Rundfunk gerieten immer mehr alte Sitten und Bräuche in Vergessenheit, so dass zuletzt nur noch wenige alte Sitten und Bräuche und auch diese nur in einzelnen Familien gepflegt und weitergetragen wurden.

Im folgenden sollen alte (vergangene) und auch zuletzt noch gepflegte Sitten und Bräuche genannt werden, wie sie im Jahreslauf einander folgten, sich im Berufsleben ausgebildet hatten oder im Familienkreis üblich waren.

 

1. Im Jahreslauf

Zu Neujahr kam der Schornsteinfeger (Kaminkehrer) mit einem Kalenderblatt in alle Häuser, wünschte den Hausbewohnern ein gutes Neues Jahr und erhielt ein Geschenk. In ähnlicher Weise kam auch der Postbote in den ersten Tagen nach Neujahr mit Post ins Haus, brachte ein kleines Kalenderchen (den k. k. Postkalender) mit und erhielt ein Neujahrsgeschenk, Arme Leute, die in einzelne Häuser Neujahr wünschen gingen, wurden ebenfalls mit einer Gabe bedacht.

Am Dreikönigstag kam vor 1870 der Schullehrer in die Häuser, sagte einen Spruch und schrieb auf die Innenseite der Stubentür am oberen Rand die Anfangsbuchstaben der hl. Drei Könige K + M + B. Später machte dies der Hausvater. Es kam auch vor, dass sich drei Burschen als hl. Drei Könige verkleideten (Papiergewänder mit Krone), on die Häuser gingen und dort ein Dreikönigslied sangen, wofür sie beschenkt wurden.

Die örtlichen Tanzunterhaltungen fanden (mit Ausnahme von Sommerfesten) ausschließlich in der Faschingszeit (Fastnacht) statt. Es gab einen Feuerwehrball, ein Kränzchen der Bundesgruppe, manchmal auch ein Sängerkränzchen, und zur letzten Fasching gab es drei Abende hintereinander Tanz. Am Sonntag tanzte die Jugend, am Montag war der Männerball (Monabal) und der Dienstagabend vereinigte nochmals all Tanzlustigen des Dorfes. Am Faschingsdienstag gingen verkleidete "Fastnachtsnarren" unter dem Jubel der Kinder durchs Dorf und luden die Bewohner zur letzten Faschingsmusik und zum "Baßbegraben" ein. Oft sammelten sie auch Lebensmittel oder Geld für die Musikanten. Bei dieser Tanzerei durfte der "Flachstanz" nicht fehlen. So hoch der Tänzer bei einem Jauchzer seine Tänzerin schwang, so hoch sollte in diesem Jahre der Flachs wachsen. Häufig wurden beim Flachstanz die Tanzenden mit Wasser bespritzt, damit der Flachs gut gerate. Auch andere halb vergessene Tänze wurden probiert (z.B. "Schwarze Karline", Der Hosnrücker", "Tichla-Tanz", "es a Maedla grosn gonga"), was viel Spaß machte. Um Mitternacht wurde nach Art eines Leichenbegängnisses die Baßgeige auf zwei Stühle aufbewahrt und sodann unter allerlei Schmerz hinausgetragen (begraben). Am nächsten Morgen, dem Aschermittwoch, eilten alt und jung in die Frühmesse (7 Uhr), um Buße zu tun. Sie knieten vor der Kommunionbank nieder und der Priester zeichnete ihnen mit Asche ein Kreuz auf die Stirne, das man den ganzen Tag nicht wegwischte.

Am Sonntag Lätare, dem 3. Sonntag vor Ostern, gingen die jungen Mädchen mit einem geschmückten Wipfel (dem Mai) in alle Häuser zum "Maisingen", wofür sie beschenkt wurden. Ihr Mailied, mit dem sie den Frühlingseinzug anmeldeten, lautete:

Wos breng ber aich, wos breng ber aich,
na Summer un na Mae, die Blihmla ollerlae.
Dos hout der liba Gout derdoucht
met seiner libn Frah.
Rota Resla, rota Resla
wochsn offn Straichla,
klaena Feschla, klaena Feschla
schwimm offn Taichla,
gala Lelichn, gala Lelichn
wochsn offn Stengl,
dar Herr es scheen, de Frah es scheen
des Kind es wi a Engl.

Wenn der Ackersmann im Frühjahre zum ersten Male aufs Feld fuhr, wurde er unversehens von seiner Frau oder einer Magd mit Wasser begossen (Fruchtbarkeitssegen).

Nach einem uralten Brauch sollen sich alle Hausbewohner am Gründonnerstag morgens draußen im Bach wachsen.

Nachdem am Gründonnerstag nach dem Glorialäuten die Glocken verstummt sind, wird von einer Jungenschar mittags, abends und morgens zum Ave-Läuten im Dorf geklappert.

Am Gründonnerstag gibt es beim Mittagsmahl die so genannte grüne Suppe, in der neunerlei Kräuter enthalten sein sollen.

Wenn der Karsamstag zum Gloria die Glocken der Kirche wieder zu läuten beginnen, eilen alle im Hause anwesende Leute in den Garten und schütteln rasch ihre Obstbäume, damit sie aufwachen und in diesem Jahre reichlich Früchte tragen.

Am Karsamstag werden nach der Holzweihe in der Kirche die dabei geweihten kleinen Spankreuzchen zwischen zwei Weidenkätzchen (Palmkätzchen) ins Kornfeld gesteckt, damit der Herrgott den Acker segne und uns das tägliche Brot gebe. In den Häusern werden schon am Palmsonntag die in der Kirche geweihten Weidenkätzchen hinter die Heiligenbilder und in der Herrgottswinkel gesteckt.

Am Ostersonntag fand vor langer Zeit ein Saatreiten der Burschen um die Felder statt. Es war längst vergessen, wurde aber nach dem Ersten Weltkrieg hie und da wieder gepflegt, freilich nicht mehr in der alten schönen Form, wie sie vor hundert und mehr Jahren üblich war.

Der Ostermontag brachte für die Knaben das Schmeckostern. Mit einer Rute versehen, suchten die Kinder die Häuser auf, sagten einen Osterspruch und schmeckosterten die Frauen und Mädchen. Beim Hereinkommen sagten sie: "Gelobt sei Jesus Christus zum Schmeckostertag." Beim Schmeckostern sagten sie u. a.: "Muhmla, Muhmla, lott aich peitschn, doß aich nie die Flöhla beißn." Bekamen sie in einem Hause nichts (das gewöhnliche Geschenk war ein Osterei oder Backwerk und ein kleines Geldstück) oder zu wenig, so riefen sie wohl auch vor dem Hause "Kälberfiß un Zegenhait, ai dan Haushouts geizicha Lait." Der Abschiedsgruß hieß: "In Gottes Namen. (Ai Gouts Noma)!

Am Vorabende des 1. Mai wurde im Dorfe, meist bei einem Gasthause, ein hoher Maibaum von den Burschen aufgestellt, der dann an einem Maisonntage unter verschiedenen Belustigungen gefällt wurde. Dabei gab er eine Maibraut, einen Förster mit seinen Holzfällern und Possenreißer.

Der Maibaum musste vor dem Fällen in der Nacht bewacht werden, weil es vorkam, dass die Burschen eines Nachbarortes den Maibaum stahlen. An das Fest des Maibaumfällens schloss sich im Gasthause das Maikränzchen an.

Am 4. Mai, dem Tag des Hl. Florian, oder an dem nächstliegenden Sonntage wurde gewöhnlich die erste Feuerwehrübung abgehalten und dieser Schutzpatron gegen Feuerschaden durch einen Umtrunk der Feuerwehr gefeiert.

Der Pfingstmontag bot wiederum einen willkommenen Anlass zur Abhaltung einer Tanzmusik. Im vorherigen Jahrhundert war es noch Brauch, vor der Pfingstmusik der Auserwählten auf dem Bauernhof einen hübschen Maibaum aufzustecken.

Das Abbrennen eines Sonnwendfeuers am 21. Juni wurde nur eine Zeitlang gepflegt. Der Brauch scheint kein althergebrachter gewesen zu sein und wurde nach dem Ersten Weltkrieg nicht mehr geübt.

Eine größere Feier bildet erst wieder die am dritten Sonntage im Oktober stattfindende Kaiserkirmes. Sie war mehr eine kirchliche Feier, tagsüber dann ein Familienfest, bei dem die Verwandten von auswärts zu Besuch ins Dorf kamen, am Abend mit einer Kirmesunterhaltung endigend. Zu dieser Zeit gingen die Jagdliebhaber  (Jagdpächter und Jagdgäste) erstmalig zur Hasenjagd, um einen Kirmeshasen heimzuholen. Oft wurde auch am Kirmessonntag oder Montag die Schlussübung der Freiwilligen Feuerwehr abgehalten, woran sich das Feuerwehrkränzchen anschloss.

Der Tag Allerheiligen vereinigte alt und jung sowie auswärtige Angehörige von Verstorbenen auf dem Friedhofe, dessen Gräber an diesem Tage mit Moos, Reisig, Kränzen und Blumen reich geschmückt waren. Außerdem brannte schon am Nachmittag und bis in den späten Abend hinein auf jedem Grabe Kerzen oder Grablaternen, so dass der Dorffriedhof von weitem gesehen ein Meer von Hunderten Lichtern bildete. Ein erheblicher Anblick für jeden Besucher dieser Totenstädte, die so schön die Verbundenheit der Lebenden mit ihren Toten zum Ausdruck brachte. Der Pfarrer hielt beim Einbruch der Dunkelheit am Friedhofe eine Andachtsstunde. Die Musik spielte einige Trauerlieder.

Zu Martini (10. November), früher ein Steuertermin der Bauern, wurde die erste Gans, die Martinsgans, geschlachtet.

In Groß-Dittersdorf, wo es seit alters her viele Musiker gab, wurde der Tag der hl. Cäcilia, als der Schutzpatronin der Musiker, in früheren Jahren oft festlich begangen. An einen festlichen Gottesdienst in der Kirche schloss sich das Cäciliakränzchen als Jahresfest der Musiker an. Passte die Cäcilia nicht so recht in den Wochenkalender, wo wurde wohl auch statt ihr die hl. Katharina (25. November) gefeiert. Es ging ja um die letzte Tanzunterhaltung vor der geschlossenen Zeit, dem Advent.

Ein besonderer Abend war der Andreasabend am 30. November. Dabei versuchte die Jugend den Schleier der Zukunft ein wenig zu lüften, und allerlei Brauchtum schlingt sich daher um diesen Abend. Besonders die weibliche Jugend versuchte dabei zu erfahren, wann und wo einmal ihr Glück erblühen würde. Beim "Hühner stochern" musste die Versucherin behutsam in den finsteren Hühnerstall schleichen und dort mit einer Stange versuchen, den Hahn aufzustochern. Der Erfolg drückte sich in folgendem Spruche aus: "Gackert der Hahn, krigste an Man, gackert die Henn, wer waeß wenn (oder: kriegste kenn)." Beim "Äste raffen" lieg ein Mädchen vors finstere Haus und musste schnell eine unbekannte Zahl von Ästen zusammenraffen und sie in die Stube bringen. Jedes der anwesenden Mädchen bekam einen Ast gereicht. Blieb für die Versucherin keiner übrig, so durfte sie nicht auf einen Mann hoffen. Beim "Tüchel sieben" wurden die Kopftücher aller Anwesenden in ein großes Getreidesieb gelegt und das Sieb tüchtig geschüttelt. Wessen Tuch zuerst aus dem Sieb fiel, die sollte als nächste heiraten. Beim "Strohsack treten" musste das den Strohsack tretende Mädchen einen Spruch sagen. Er beginnt "Heiliger Strohsack, ich bet die an, ich ben a Moed und brauch an Man, ... (Weiteres unbekannt). Beim "Schlappschuh schmeißen" musste das Mädchen den locker an den Zehen steckenden Schuh so wegschleudern, dass er über ihren Kopf hinweg hinter sie fiel. Wohin die Spitze des geworfenen Schuhes zeigt, daher kam der zukünftige Bräutigam. Schließlich konnte auch das "Blei gießen" gepflegt werden, den aber der leichteren Durchführung halber oft mit Kerzenwachs genommen wurde.

Am Nikoloabend, dem 5. Dezember, ging der hl. Nikolaus (Bischof) mit einem Krampus (Teufel) durchs Dorf zu den Kindern, um brave Kinder zu belohnen und schlimme Kinder zu schrecken. Die Kinder stellten ihre Schuhe oder Teller ins Fenster. Wenn sie früh aufwachten und nachguckten, hatte ihnen der hl. Nikolaus Nüsse, Pfefferkuchen und Äpfel eingelegt.

Am Tag der hl. Barbara (4. Dezember) geht man in den Garten und schneidet einen Kirschzweig ab. Dieser wird in die warme Stube ins Wasser gestellt. Bei richtiger (Temperatur) Pflege blüht dieser Barbarazweig gerade am Heiligen Abend auf.

Am Heiligen Abend wird nachmittags für die Kinder in einem Nebenraum der Christbaum geschmückt und mit Kerzen besteckt. Darunter werden die Weihnachtsgeschenke gelegt. Nach Eintritt der Dunkelheit läutet der Hausvater, nachdem der den Lichterbaum entzündet hat, mit einem Glöckchen und ruft damit alle Hausbewohner zur Christbescherung. Sind nun alle um den Christbaum versammelt, so spricht der Hausvater ein Gebet oder es beten alle gemeinsam, dann wünschen sich die Angehörigen gegenseitig eine schöne und friedliche Weihnacht und es werden die Geschenke aufgeteilt, wobei der Knecht und die Magd nicht vergessen wird. Nachher sitzt man gemeinsam in der Stube bei Kuchen und Tee sowie den übrigen guten Sachen, die es zu Weihnachten gibt. Der Hausvater und die Hausmutter gehen auch in den Stall und reichen jedem Haustier ein guten Bissen. Meist gab man ihnen Brot mit Honig bestrichen. Nach einem uralten Aberglauben kann der Bauer um Mitternacht das Vieh reden hören.

Bei dem geselligen Beisammensein am Heiligen Abend versuchten manche auch das Glück. Unter drei Tüpfeln wird je einmal Bord, Geld und Erde gelegt. Die Versuchsperson, die nicht weiß, wie die einzelnen Sachen liegen, hebt ein Tüpfel. Brot bedeutet sein Auskommen, Geld den unerwarteten Reichtum und Erde Unglück oder baldigen Tod. Gerne wird an diesem Abend auch das "Uhren schlenkern", eine Art Roulette, um Haselnüsse oder Erdnüsse gespielt. In Bauernhäusern, wo man Jagdwaffen hat, wird wohl auch hie und da am Hof geschossen.

Am 27. Dezember wanderten die Knechte. Sie gingen am Abend zum so genannten Johannestrunk.

Der Silvester brachte um 17 Uhr in der Kirche den Jahresschlusssegen, den womöglich jeder besuchte. Der Pfarrer verlas da die im abgelaufenen Jahre erfolgten Geburten, Hochzeiten und Todesfälle und hielt Rückschau auf das zu Ende gehende Jahr. Früher wurde der Silvesterabend zumeist im Kreise der Familie verbracht, wobei nochmals der Weihnachtsbaum angezündet wurde. Mit "Glück versuchen", "Blei gießen" und sonstigem Kurzweil verging der Abend, bis die Uhr Mitternacht zeigt. Dann wünschte einer dem anderen noch ein "Glückliches Neujahr" und man ging zu Bett.

In den letzten Jahrzehnten aber haben sich die Vereine auch dieses Abends bemächtigt und laden zu "Bunten Abend" im Gasthaus ein, wobei dann nach Mitternacht getanzt und getrunken wird, so dass das neue Jahr verspätet beginnt.

Vorbemerkung: Die Schilderung von Sitte und Brauch, wie ich sie nachstehend gebe, bezieht sich hauptsächlich auf die Zeit zwischen 1890 und 1914; vorher mag manches anders gewesen sein, und nach dem Ersten Weltkrieg traten bedeutende Veränderungen im Brauchtum ein, indem mancher Brauch vergessen wurde, anderes dazukam, wie z.B. der Muttertag. Im einzelnen diese Veränderungen aufzuzeigen und festzuhalten, kann nicht Aufgabe dieser Ortskunde sein, so wünschenswert dies auch wäre.

 

2. Im Berufsleben

Die Mägde des Bauernhofes wanderten am Neujahrtage. Am 5. Jänner gegen Abend zogen sie in neuen Dienstort auf.

Die Knechte wanderten schon am 27. Dezember, gingen am Abend zum so genannten Johannestrunk, und am 31. Dezember - zu Silvester - zogen sie auf. Dabei hatten sie , wie der  Volksmund schmunzelnd oder etwas verschmäht bemerkte, Gelegenheit, eine Nacht noch mit der alten Magd zu schlafen. Knecht und Mägde waren schon im November (bis Katharein am 25. November) vom Dienstherrn gefragt worden, ob sie im kommenden Jahr bleibend oder "wandern", das heißt einen anderen Posten annehmen wollten. Die wanderlustigen Dienstboten wurden dann von anderen Bauern gedrungen und erhielten sogleich als so genannten Mietgroschen Geld in der Höhe eines Monatslohnes. War die Magd auswärts, so wurde sie vom Bauern mit dem Fuhrwerk, meist im Schlitten, geholt. eine große Lade oder ein schwarz gestrichener, mit etwas gewölbtem Deckel (Truhe) oder der Koffer hatte links innen ein eine Beilade für Schmuck, Gebetsbuch, Rosenkranz und Geld, und über den anderen Teil des Koffers weg einen flachen, heraushebbaren Einsatz.

Wenn es der Magd oder dem Knecht in dem neuen Dienstorte nicht gefiel, so wanderte sie oder er zu Lichtmess am 2. Feber. Da war der Mietgroschen gerade abgedient.

Die Mägde erhielten außer ihrem Lohne während des Jahres auch ein Jahrkleid, längstens zu Weihnachten. Von den Jahrmärkten brachte ihnen die Bauersfrau gewöhnlich ein Kopftuch, eine Schürze oder sonst etwas Brauchbares als Geschenk mit. Heiratete eine länger dienende Magd aus dem Bauernhause fort, so wurde ihr wohl auch im Hause die Hochzeit gemacht. Der Lohn war nicht einheitlich festgesetzt. Jungmägde bekamen 5 fl (10 Kronen), ältere entsprechend mehr, bis 20 Kronen Jahreslohn. Eine Anfängerin, die oft noch schulpflichtig war, dienste für die Kost allein. Der Lohn der Knechte war höher, er betrug etwa 15 bis 30 Kronen.

Allerlei Brauchtum knüpfte sich an die Arbeit im Brechhause. Wenn die Zeit des Flachsbrechens da war, begaben sich die weiblichen Hausleute ins Brechhaus, meist verstärkt durch Tagelöhnerinnen, die auch bei der Sommerzeit geholfen hatten. Das Brechhaus gehörte der Gemeinde oder einer Gruppe von Bauern. Nun wurde der draußen "geröstete" Flachs nach nochmaliger gründlicher Trocknung am Dörrofen hergerichtet, das heißt gebrecht und gehechelt. Zum Flachsbrechen hatte man ein Gerät die "Breche", zum Hecheln eine "Hechel", ein schweres Eichenbrett, beiderseits mit langen eisernen, oben ganz spitzen Nägeln. Hier wurde der Flachs durchgekämmt, um ihn von den letzten harten Stengelteilchen zu befreien und dann zu "Kloben" zusammenzubinden.

In einigen größeren Brechhäusern wurden schon um die Jahrhundertwende Sägenrollen mit Göpelantrieb aufgestellt. Durch zwei eiserne geriffelte Walzen wurde der gedörrte Flachs durchgelassen und dabei geknickt, so dass die Weiterverarbeitung wesentlich erleichtert wurde.

Oft waren bis zu 20 Personen dabei beschäftigt, und es ging lustig zu. Kam ein Mann des Weges, so wurde er zum Näher kommen eingeladen, dann umringt und aufgefordert, den durstigen Weibern Schnaps oder Bier zu zahlen. War er nicht gleich bereit dazu, so machte man kurzen Prozess und stopfte ihn gehörig mit Ennen (den harten Abfällen vom Flachsbrechen) aus.

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde noch hie und da gebrecht, bald aber der Rohflachs an die genossenschaftlichen Flachsschwingereinen nach Stadt Liebau oder Bärn geliefert, wo Maschinen die frühere Handarbeit ersetzten. Dadurch wurde eine bessere Verwertung des Flachses angestrebt und zum Teil auch erreicht. Dies konnte jedoch das Eingehen des Flachsbaues nicht verhindern, der immer unrentabler wurde. Auch zwei private Flachsschwingereien in Altliebe (Berger & Söhne, 1897, und Mader & Walter 1925) kauften unseren Rohflachs auf (Händler Adolf Schlesinger, Groß-Waltersdorf).

Alle örtlichen Brechhäuser gingen nach dem Ersten Weltkrieg ein. Das Groß-Dittersdorfer genossenschaftliche Brechhaus kaufte Josef Pfeiler Nr. 4, zum Abbruch.

Am 4. Dezember feierten die Bergleute das Fest ihres Schutzpatronin, der hl. Barbara, meist in Groß-Waltersdorf, wohin die wenigen Dittersdorfer Bergleute und Schieferarbeiter gingen.

Ein besonderer Brauch im bäuerlichen Leben war das Weitertragen des "Schennakoters". Er kam ab, als die Dreschmaschinen mit Göpelbetrieb das alte Flegeldreschen verdrängten. Zuletzt wurde nur noch das Seilstroh mit Flegeln gedroschen. Der Drusch mit den Flegeln dauerte vor 100 Jahren monatelang. Jeder Bauer bemühte sich, mit dem Dreschen bald fertig zu werden. Hatte ein Hof einen Drusch beendet, so wurde eine Strohpuppe angefertigt und diese heimlich zum Scheunentor des Nachbarn getragen, wo noch die Flegel klapperten. Das sollte wohl bedeuten, dass der "Schennakoter" zu (Scheunen-Kater) Hilfe geschickt werde. Ein Hinweis für die Betroffenen, dass man ihren Fleiß nicht hoch einschätzte. Der Überbringer des "Schennakoters" durfte sich freilich nicht erwischen lassen, sonst bezog er Prügel oder man band ihm den Kater auf den Rücken und schickte ihn zurück. Der Schennakotor konnte dann auch ins dritte oder weitere Haus weiterwandern, was dann Anlass zu mancherlei Gesprächen im Dorfe gab.

Beim Flegeldrusch bezeichnete man den Takt der Drescher mit Sprüchen, je nachdem, ob zwei oder mehr Drescher sich beteiligten. Ganz selten konnte man auch einmal einen einzelnen Drescher hören. Es hieß beim Dreschen:

im Zweitakt:    lang-sam An-ton; oder s' fehlt aens, s' kimmt kaens

im Dreitakt:    Koch Grappsupp

im Viertakt:    Back ber Kuchen! oder Back a Stella fetta Kuchen!

im Fünftakt:    Wie jeckt mich das Pockl! oder A Sackla voll Äppl!

im Sechstakt:    Wie jeckt mich dar Pok-kel!

 

3. Im Familienkreise

War in einem Hause eine Geburt zu erwarten, so wurde schon vorher besprochen, wie das Kind heißen sollte. falls es ein Junge oder falls es ein Mädchen war. Die schwangere Frau arbeitete bis zum Entbindungstage und schonte sich keineswegs. Kündigte sich die Geburt an, so wurde schnell um die Hebamme geschickt. Die meisten Kinder kamen ohne ärztliche Hilfe zur Welt. Entbindung im Krankenhaus kannte man nicht.

Die Taufe fand gewöhnlich am Tage der Geburt statt. In der Kirche wurde ein Knabe von männlichen Paten, ein Mädchen von der Patin getragen. Die Hebamme war bei der Taufe immer anwesend. Der ungleich geschlechtige Pate hieß "Schlumperpat" oder "Klunkerpat", weil der nur mitzugehen, aber nichts zu tun hatte, außer nach der Taufe im Kirchenbuche seine Unterschrift zu leisten. Im Hause gab es anschließend ein Taufessen. Das Patengeschenk bestand meist in Geld, ein Maria-Theresia-Thaler, ein Zwei- oder Fünfguldenstück, bei wohlhabenden Paten wohl auch ein Goldstück (Dukaten). Das Patengeschenk wurde dem Kinde ins Taufkissen gesteckt. Auch Taufbildchen gab es schon. Fast alle Kinder bekamen an ihrem Geburtstag nach einem Jahr ein Kleidchen vom Paten. Es war auch üblich, dass die Paten ihren Täuflingen alljährlich ein Weihnachtsgeschenk gaben.

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